Viktoria Weber über Geschlechterrollen im Wandel

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Interview mit BA Absolventin Viktoria Weber über die Rolle(n) von Frauen in sozialistischen Theorien, im Realsozialismus der UdSSR wie im postsozialistischen Erinnerungskosmos

Worum geht’s in deiner BA-Arbeit? Wie bist du darauf gekommen?

In den 1920er Jahren hat sich der Blick politischer Aktivist:innen weltweit auf die Ereignisse, die zur Gründung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) führten, gerichtet und Zahlreiche erhofften sich mit der versprochenen Gleichstellung der Geschlechter ein goldenes Zeitalter der Frauenrechte. Etwa 100 Jahre später wollte ich retrospektiv die große Diskrepanz zwischen sozialistischer Theorie, realsozialistischer Vergangenheit und postsozialistischer Erinnerungskultur aufarbeiten. In meiner Arbeit verbindet sich meine Familiengeschichte mit meinem persönlichen Interesse am Feld der gender studies. In der Beschäftigung mit dem Thema konnte ich Rückschlüsse auf die Stellung von Frauen im Sozialismus der UdSSR, auf Geschlechterstereotype und deren Reproduktion, die Idealisierung von Geschlechterverhältnissen, aber auch auf eine (N)Ostalgie sowie die Bildung und Manifestierung individueller und kollektiver Identitäten ziehen.

Was hast du dabei gelernt? Was war eine überraschende Erkenntnis?

Meine Ergebnisse enthüllen die Verzahnung zwischen Individuum, politischen und wirtschaftlichen Systemen sowie geschlechtsabgängigen Erfahrungen. Spannend erschien mir hier vor Allem, dass Geschlechterrollen in der UdSSR keineswegs als homogene Einheit verstanden werden können, sondern es beispielsweise im Leninismus wie im Stalinismus unterschiedliche Ausprägungen gab und selbst innerhalb einer Strömung je nach politischer Instrumentalisierung konträre Vorstellungen vermittelt wurden. Als Auseinandersetzung mit der Geschichte des Staatssozialismus der UdSSR und dessen gesellschaftlichen Auswirkungen habe ich durch meine Forschung nicht nur meine Familiengeschichte anders verstanden, sondern auch individuell hat meine Forschung mich dazu angeregt die Rolle von FLINTA* im Zeitalter des neoliberalen Kapitalismus zu reflektieren. Somit hat meine Forschung einige Fragen beantwortet, aber viele weitere aufgeworfen.

Was machst du jetzt?

Direkt nach dem Bachelorstudium war ich als Volontärin in der Kulturvermittlung des Volkskundemuseums. Hier hatte ich die Möglichkeit methodisch wie inhaltlich an ganz unterschiedlichen Projekten zu arbeiten. Jetzt studiere ich im Master Expanded Museum Studies an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Hier kann ich aus den Kompetenzen schöpfen, die ich in der Europäischen Ethnologie erlernt habe. Insbesondere die Zukunftsgewandtheit des Studiums spricht mich an. So werden Zugänglichkeit, Kanon, Restitution, uvm. in der Institution, immer mit einem Optimierungsgedanken im Vordergrund, kritisch beleuchtet.

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