Foto (privat) und Beitrag von Barbora Orságová
Als ich mich mit 18 Jahren entscheiden sollte, in welcher Richtung ich mich nach dem Gymnasium weiterbilden möchte, war ich sowie die meisten meiner Mitschüler und Mitschülerinnen relativ verwirrt. Ich sah mich zwar eher in Bereichen wie humanitäre Studien, Soziologie, Sprach- oder Kommunikationswissenschaften als in den Naturwissenschaften, trotzdem fand ich es schwierig mir vorzustellen, womit ich mich in den kommenden Jahren auseinandersetzen wollte. Damals habe ich es als meine Schwäche betrachtet, weil die Professor*innen aus dem Gymnasium genaue Antworten haben zu wollen schienen und ich hatte sie nicht.
Auf das Studium Theater-, Film- und Medienwissenschaften bin ich ganz ehrlich eher zufällig gekommen. Nach langen Recherchen fand ich den Studiengang inhaltlich sehr spannend, obwohl die Frage „Und was dann?“ unbeantwortet blieb. Erst an der Universität habe ich endlich verstanden, dass ich meine Zukunft doch nicht immer so ängstlich planen muss. Viel wichtiger ist die Vielfalt im Lernen und einfach der Weg, den ich gerade gehe. Am Bachelorstudium hat mir besonders gefallen, Sachen in der Tiefe zu analysieren. Dies habe ich nämlich aus meiner Zeit am Gymnasium nicht gekannt. Zum Thema Theater hatte ich zwar weniger Beziehung als zum Beispiel zum Film, der Fotografie oder den Medien, aber am Ende waren gerade Theorien aus der Theaterwissenschaft für mich später sehr hilfreich.
Um auch Kenntnisse aus anderen Bereichen zu gewinnen und meinen Kreis etwas zu erweitern, habe ich Lehrveranstaltungen aus der Anglistik und Nederlandistik besucht. Ich fand es schon immer wichtig, meine Sprachkenntnisse zu erweitern, aber vor allem machen mir Sprachen einfach Spaß. Umso mehr war ich überrascht, dass mich eigentlich mehr die theoretischen Teile der LVs zur Kultur des jeweiligen Landes, den Mentalität oder Traditionen angesprochen haben als die, die sich auf das Lernen der Sprache bezogen haben. Da habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass ich mich gerne mit anthropologischen Fragen auseinandersetze.
Im Masterstudium wollte ich deshalb nicht mit Theater-, Film- und Medienwissenschaft weitermachen. Erstens war ich bereits mit Gedanken in der Sozialanthropologie und Ethnologie und zweitens fühlte ich, dass mir persönlich der Studiengang möglicherweise nicht mehr geben könnte. Ich habe also das Masterstudium der Europäische Ethnologie angefangen, für das ich noch die Basislehrveranstaltungen aus der Kultur- und Sozialanthropologie nachholen musste. Der Vielfalt der Themen und unglaublich spannenden Theorien haben für sehr schöne Studienjahre gesorgt. Das Studium hat mir unter anderem die Tür zur Museologie aufgemacht und extrem interessant fand ich den Forschungsschwerpunkt des Immateriellen Kulturerbes. Ich habe mich also während des Studiums um ein Praktikum im Volkskundemuseum beworben, wo ich die wichtigsten Kleinschritte meines Werdegangs gemacht habe. Im Volkskundemuseum habe ich von den Museumsstrategien bis zur Provenienz Forschung sehr viel gelernt und es hat mich dazu motiviert, im Sommer weitere Praktika im Museum zu suchen.
Im Sommer 2019 habe ich kurz im Museum der Roma Kultur in Brno, Tschechien gearbeitet und danach im Mährischen Museum in Brno. Das Mährische Museum hat mich fasziniert wegen der Größe der Sammlungen und des Forschungsangebots. Und das Team der Ethnographischen Abteilung war extrem freundlich. Ich durfte mit sehr inspirierende Menschen arbeiten, die jahrelang die Kultur im Mähren erforscht haben und mittlerweile sehr viele erfolgreiche Projekte ins Leben gerufen haben. Ich war sehr glücklich als mein Vertrag verlängert wurde und nach circa einem Jahr hat meine Chefin mit mir über die potenzielle Möglichkeit einer festen Stelle gesprochen. Im Juli 2020 habe ich das Masterstudium erfolgreich abgeschlossen, im Museum habe ich dann weitergearbeitet.
Meine Kenntnisse aus dem Bachelorstudium zeigten sich als praktisch besonders im Museumsfotoarchiv und das Masterstudium der Ethnologie im Ausland konnte dem Museum neue Perspektiven bringen, so hat es zumindest die Leitung wahrgenommen. Meistens studierten meine Kollegen und Kolleginnen nämlich Ethnologie an der Masaryk Universität in Brno, mein Ausbildungshintergrund war also relativ spezifisch im Team. Auf der anderen Seite musste ich sehr viel zum Thema Alltag im Mähren nachholen. Die Sprachkombination Deutsch-Tschechisch wurde zu meinem Vorteil, sie ist sehr nützlich, da viele historische Quellen durch die gemeinsame Geschichte von mährischer und deutscher Bevölkerung logischerweise auf Deutsch oder Tschechisch zu finden sind.
Für 1,5 Jahre habe ich als Assistentin der Kuratorin für Fotoarchiv und Grafik gearbeitet, danach im Mai 2022 ist die Kuratorin in Pension gegangen. Ein reguläres Aufnahmeverfahren folgte, in dem ich zwei Mal so nervös war wie bei meiner Abschlussprüfung. Fast drei Jahre habe ich auf die Stelle gewartet, während die Museumsleitung dabei war zu prüfen, ob ich die richtige Kandidatin bin. Glücklicherweise wurde ich für die Stelle der Kuratorin von Grafik und Fotoarchiv ausgewählt.
Ich möchte mich herzlich bei der Universität Wien bedanken, dass ich eine gute Grundlage für meinen Werdegang gewinnen konnte.