Rebecca Akimoto über das Menstruationstabu im öffentlichen Raum

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Foto von Monika Kozub auf Unsplash

Interview mit Rebecca Akimoto: Menstruieren im öffentlichen Raum. Ein Tabu, das sich vor dem Hintergrund der materiellen Beschaffenheit von öffentlichen Toiletten im Umgang von Menstruierenden mit ihrem eigenen Menstruationsblut zeigt.

Worum geht’s in deiner BA-Arbeit? Wie bist du darauf gekommen? 

In meiner BA-Arbeit bin ich der Frage nachgegangen, wie Menstruierende im öffentlichen Raum mit ihrem Menstruationsblut umgehen und inwiefern sich in diesem Umgang ein Menstruationstabu widerspiegelt. Dabei habe ich auch die materielle Beschaffenheit von öffentlichen Toiletten beachtet und nach deren Einfluss auf den Umgang von Menstruierenden mit ihrem Menstruationsblut gefragt.

Auf das Thema Menstruation als Forschungsgegenstand bin ich schon vor einem Jahr gestoßen. Damals habe ich in einem Seminar zur Erforschung von Alltagsdingen eine Arbeit über die Tabuisierung bzw. Enttabuisierung der Menstruation durch Menstruationsunterhosen verfasst. In der Auseinandersetzung mit dem Thema ist mir aufgefallen, dass in unserem Fach ein großer Mangel an Arbeiten zum Thema Menstruation besteht. Obwohl die Menstruation nämlich für einen Großteil der Weltbevölkerung Teil des alltäglichen Lebens ist, gilt sie sowohl im Alltag als auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften als tabuisiertes und marginalisiertes Thema. Es erscheint also notwendig zu sein, die Menstruation als Thema sichtbar zu machen. Außerdem habe ich in meinen Arbeiten erkannt, dass die Ansätze aus den Material Culture Studies einen passenden Rahmen bieten, um sich mit der Menstruation wissenschaftlich auseinanderzusetzen.

Was war eine überraschende Erkenntnis? Was hast du dabei gelernt?

Ich habe durch meine Arbeit auf jeden Fall gelernt, dass noch mehr über die Menstruation gesprochen werden sollte. Denn der Umgang von Menstruierenden mit ihrem eigenen Menstruationsblut und die Beschaffenheit von öffentlichen Toiletten spiegeln eindeutig das Bestehen eines Menstruationstabus wider. Der Begriff des Tabus ist auf das polynesische Wort „Tapu“ zurückzuführen und lässt sich als „das stark Gezeichnete“ oder „das Unberührbare“ übersetzen. Es handelt sich dabei also um etwas Ungewöhnliches und somit als etwas Anderes markierbares, das sich zwischen Heiligkeit und Unreinheit bewegt (vgl. Hug, 1984: 165f).  Vor allem durch die Säkularisierung und Individualisierung des 19. Jahrhunderts wurden Tabus immer stärker mit Körperlichkeit und Sexualität assoziiert. Sexualität und ‚natürliche‘ Funktionen des Menschen wurden mit Scham und Peinlichkeitsgefühl beladen. Dabei ist die Unterscheidung zwischen einem Tabu und Verbot an dieser Stelle besonders spannend. Denn während sich Verbote rational hinterfragen lassen, sind Tabus eher vage formuliert. Dementsprechend rufen Tabuverletzungen im Vergleich zu Verbotsverletzungen keine Verteidigungsstrategien, sondern Reaktionen wie Schuldgefühle, Ekel und Scham hervor (vgl. Tauss, 2006: 131-133). Auch das Menstruationstabu, welches sich sowohl in der Literatur als auch den Menstruationsjournals gezeigt hat, charakterisiert sich durch eine starke Unsichtbarkeit und das Bestehen von Schamgefühlen. Einerseits zeigt sich nämlich in der Beschaffenheit von öffentlichen Toiletten, dass die Menstruation in Planungsvorgängen meistens ausgelassen wird. Wiedererkennbar sind hier unter anderem mangelnde Sauberkeit, das Fehlen von fließendem Wasser und Mülleimern oder eine Einschränkung der Privatsphäre. Auch für die Bereitstellung von Menstruationsartikeln werden Menstruierende selbst verantwortlich gemacht. Andererseits sind das Motiv des Versteckens im Umgang mit dem Menstruationsblut und der Wunsch danach, keine ‚Spuren‘ zu hinterlassen sehr präsent. Es zeigt sich also, dass Menstruierende durch die fehlende Beachtung ihrer Bedürfnisse aus dem öffentlichen Raum ausgeschlossen werden können.

Das Menstruationstabu, welches vor allem in der Unsichtbarkeit und einem Schamgefühl zur Menstruation besteht (vgl. Tauss, 2006: 101f), zieht sich also sowohl durch die materielle Beschaffenheit öffentlicher Toiletten als auch durch die dadurch entstehenden und davon losgelösten Umgangspraktiken der Menstruierenden mit ihrem eigenen Menstruationsblut. Um das Tabu aufzuheben, sollte die Menstruation einerseits in der Planung von öffentlichen Toiletten mitgedacht und andererseits auch unabhängig davon zum Thema gemacht werden.

Was machst du jetzt? Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Aktuell studiere ich im Master Gender Studies an der Uni Wien und bin gleichzeitig als studentische Mitarbeiterin für das Projekt des Klimarechnungshofs (PECCK), welches von Alexa Färber geleitet wird, tätig. Außerdem arbeite ich noch bis Ende Juni als Redaktionsassistenz für den Blog des Instituts der Europäischen Ethnologie. Seit der Fertigstellung meiner BA-Arbeit beschäftige ich mich weiterhin mit der Menstruation, um einen Beitrag zur Aufhebung des Tabus zu leisten. Die gesammelten Ergebnisse aus Gesprächen mit Menstruierenden möchte ich dann in einer anderen Form als dem wissenschaftlichen Text wiedergeben. Für die Zukunft habe ich noch keine konkreten Pläne, aber weil ich mich sehr für die Vermittlung von Wissen interessiere, möchte ich mich in diese Richtung bewegen. Während ich gerne mit audiovisuellen Medien arbeite, bin ich gerade dabei, auch noch andere Medien auszuprobieren.

Literatur

Hug, Brigitta (1984). Diskussionen. Die Menstruation in der Ethnologie. In: Feministische Studien 3(1). 165-177.

Tauss, Ulrike (2006). Tabu und Menstruation. Diskursanalyse des spirituellen Ökofeminismus. Wien.