Das Studium bietet die Möglichkeit, ein oder zwei Semester an einer Universität im Ausland zu verbringen. Dies ist eine tolle Gelegenheit, eine andere Stadt und ein anderes Institut kennenzulernen. Gleichzeitig ist die Organisation eines solchen Aufenthalts auch eine Herausforderung.
Die Blog-Redaktion hat mit Edi Rakaseder und Karoline Fousek über ihre Erfahrungen gesprochen. Edi war im Wintersemester 2021/22 an der Humboldt-Universität zu Berlin in Deutschland, Karoline ein Semester an der Universität Kopenhagen in Dänemark.
Wie habt ihr euch im Vorfeld über Unterkunft oder Wohnung informiert und organisiert? Was habt ihr gelernt und würdet ihr gerne an eure Kommiliton*innen weitergeben?
Karoline: Die Unterkunftssuche war eine der größten Herausforderungen für mich. Ich habe mich im Vorhinein mit anderen Studierenden ausgetauscht und mich auch erst ein paar Monate vor meinem Auslandsaufenthalt intensiver damit beschäftigt. Die Universität in Kopenhagen hat mit einer Wohnungsvermittlungsplattform kooperiert, welche Unterkünfte für Studierende zur Verfügung stellt. Aufgrund der schlechten Bewertungen habe ich mich allerdings davon abgewandt, ohne zu wissen, wie schwierig es ist, in Kopenhagen eine Unterkunft zu finden. Aus eigener Erfahrung und aus dem Austausch mit anderen, habe ich festgestellt, dass es sehr viele Scams gibt. Ein großes Problem ist, dass die Mietpreise sehr hoch sind und es wenig günstige Wohnmöglichkeiten gibt. Letztendlich habe ich ein Zimmer in einer Wohnung bekommen, was für mich auch preislich die günstigste Option war. Gerade für den doch recht kurzen Aufenthalt von einem Semester würde ich im Nachhinein zum Studentenwohnheim tendieren, früh mit der Suche beginnen und mich auch auf die Warteliste von beliebten Studentenwohnheimen setzen lassen. Die restliche Organisation und Vorbereitung waren sehr einfach und unkompliziert.
Edi: Im Internet kann das große Angebot erdrückend wirken. Deshalb empfehle ich zunächst das eigene Umfeld zu fragen. Es ist erstaunlich, wie weit das persönliche Netzwerk (Instagram- bzw. Facebook-Post) reicht, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint. Ansonsten bei der Studierendenvertretung im Gastland erkundigen. Die haben eine bessere Einschätzung vom Wohnmarkt.
Und wie lief das in Bezug auf Förderungen?
Edi: Die ÖH ist eine super Anlaufstelle. Sonst empfehle ich die Homepage der jeweiligen Landesregierung. Wichtig: Informiert euch rechtzeitig! Bei Förderungen gelten strenge Deadline-Vorschriften.
Wie war die Ankunft an der Universität?
Karoline: Ich bin erst ein paar Tage vor Semesterbeginn angekommen und war zuvor noch nie in Kopenhagen. Bei meinem ersten Besuch am neu gebauten Søndre Campus (Südcampus) war ich von der modernen, einladenden Architektur begeistert. Zu Semesterbeginn gab es „Welcome Days“ für internationale Studierende. Dabei haben wir Tipps bekommen, andere Studierende kennenglernt und gemeinsam Aktivitäten gemacht. Es gab außerdem die Möglichkeit sich für ein Buddy-Programm anzumelden. Dabei waren zwei dänische Studierende für eine Gruppe von Austauschstudierenden zuständig. Im Laufe des Semesters haben wir als Gruppe immer wieder etwas unternommen.
Edi: Durch Corona war ein persönlicher Austausch anfangs schwierig. Es hat aber Online-Veranstaltungen gegeben und die Studierenden haben sich im privaten Rahmen getroffen. Das Personal an der Universität war sehr freundlich und als Erasmus-Student*in genießt man einen gewissen Sonderstatus. Ich empfehle die Erasmus-Events zu besuchen. Dort treffen Studierende aus aller Welt zusammen und verbringen eine spannende Zeit miteinander. Mit vielen Freund*innen pflege ich noch heute regelmäßigen Kontakt.
Wie war das Studieren an einem anderen Ort? Was nehmt ihr mit im Hinblick auf die Lehrveranstaltungsinhalte?
Edi: Die Lehrveranstaltungsinhalte decken sich im Großen und Ganzen mit Wien. Ein direkter Einstieg in die Lehrveranstaltung war daher problemlos möglich.
Karoline: An der Fakultät in Dänemark ist es üblich, dass man pro Semester weniger Lehrveranstaltungen als in Wien belegt, dafür sind diese höher gewichtet. In den meisten Fällen besucht man zwei Kurse, welche jeweils 15 ECTS entsprechen. In den Kursen, die ich gewählt habe, waren fast nur internationale Studierende. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Danish Architecture and Urban Design“ haben wir oft Exkursionen gemacht, wir sind zum Beispiel gemeinsam nach Malmö gefahren oder haben das Louisiana Museum besucht.
Wie hat sich der studentische Alltag in eurem Auslandsemester gestaltet?
Edi: Mein Alltag war geprägt von der Corona-Pandemie. Die Lehrveranstaltungen fanden fast ausschließlich virtuell statt. Im Allgemeinen war es sehr angenehm gestaltet in Bezug auf Arbeitsaufwand und Studierendenleben. Am besten ist es, sich bei den Dozent*innen als Erasmus-Student*in vorzustellen. Oft wissen die DozentInnen nicht über den Erasmus-Status Bescheid. Es kann vorkommen, dass andere Prüfungs- und Abgabekonditionen gelten.
Karoline: Neben dem regelmäßigen Besuchen der Lehrveranstaltungen, habe ich mich auch für einen zwei-monatigen Dänisch-Kurs angemeldet. Die LVs wurden in Englisch abgehalten. Es waren keine Dänisch-Kenntnisse notwendig, aber ich wollte die Grundlagen für Small-Talk lernen. Ich bin bei fast jedem Wetter mit dem Rad gefahren, weil die Infrastruktur dafür perfekt ausgelegt ist, die Stadt sehr flach gelegen ist und es auch wesentlich kostengünstigster ist, als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Ich habe außerdem den Amagerstrand, ein künstlich angelegtes Erholungsgebiet, für mich entdeckt, um Laufen zu gehen. Anfang des Semesters war es sogar noch warm genug, um im Meer zu schwimmen.
Stichwort Institutskultur: wie habt ihr jeweils den Umgang von Lehrenden und Studierenden und Studierenden untereinander wahrgenommen?
Edi: Der Umgang zwischen Lehrenden und Studierenden war sehr freundlich. Auch der Austausch unter den Studierenden war angenehm.
Karoline: Was mir bereits vor meinem Auslandsaufenthalt in Bezug auf den Umgang miteinander aufgefallen ist, war, dass das Universitätspersonal und die Lehrveranstaltungsleiter*innen direkt per Du sind. Es ist üblich, dass man sich gegenseitig mit dem Vornamen anspricht. Die Kommunikation und der Umgang miteinander sind sehr informell, locker und auf Augenhöhe. Lehrende haben uns oft Tipps für aktuelle Ausstellungen, Vorträge oder Praktikumsmöglichkeiten gegeben. Die meisten Bekannten und Freund*innen, die ich in meiner Freizeit getroffen habe, habe ich durch Lehrveranstaltungen oder Student*innenfeiern kennengelernt.
Welche Unterschiede gab es zwischen dem Institut für Europäische Ethnologie in Wien und dem Institut an der Partneruniversität?
Edi: Das System unterscheidet sich in gewisser Weise. Die Abschlussprüfung war anderes gestaltet. Es lag in der Entscheidung des Einzelnen, ob die Abschlussnote über eine schriftliche oder mündliche Prüfung bzw. eine Seminararbeit erfolgt. Das hat mir sehr gut gefallen, da die individuellen Stärken berücksichtigt werden.
Karoline: Europäische Ethnologie ist im Campus der geisteswissenschaftlichen Fakultät im „Saxo institute“ untergebracht. Der Südcampus wurde erst vor ein paar Jahren renoviert und modern umgestaltet. Hier sind viele Institute und Bibliotheken untergebracht. Etwas besonders an den Universitäten in Dänemark sind die „Fredagsbaren“. Jedes Institut hat seine eigenen Aufenthaltsräume, die Freitag abends in eine Bar umgewandelt werden und in der sich die Studierenden zum Wochenausklang treffen. Das war für mich auch eine gute Gelegenheit mehr mit Dän*innen zu tun zu haben. Die coolste Bar am Südcampus war die Fredagsbar „Cafe Helga“ vom Saxo Institute. Immer wieder gab es auch größere Partys. Die Idee, dass Studierende regelmäßig solche Feiern in der Uni organisieren, hat mir sehr gut gefallen.
Vielen Dank für Eure Zeit, Karoline und Edi!
Wenn du Dich für ein Auslandsemester interessierst, findest Du alles Wichtige auf der Website des Institutes für Europäische Ethnologie.