Niklas Schrade und Rebecca Akimoto sind seit Anfang 2022 studentische Mitarbeitende im Forschungsprojekt Pre-Enacting Climate Change Knowledge (PECCK), kurz: „Realfiktion Klimarechnungshof„, das vom FWF gefördert wird. Nach ihrem Bachelorabschluss am Institut für Europäische Ethnologie studiert Rebecca im Master Gender Studies (Universität Wien) und Expanded Museum Studies (Universität für angewandte Kunst). Niklas studiert derzeit im Bachelor Europäische Ethnologie und Geographie (Universität Wien).
Ihr seid seit Anfang 2022 studentische Mitarbeiter:innen in dem Projekt „Realfiktion Klimarechnungshof“, warum habt ihr Euch auf die Stellen beworben, was hat euch daran interessiert?
Niklas: Was hat mich damals an der Realfiktion Klimarechnungshof interessiert? Zuerst gar nicht unbedingt das Forschungsfeld Klimarechnungshof selbst. Ich konnte mit der Institution wenig anfangen – so wie viele der Personen, mit denen wir gearbeitet haben. Aber es hat meine Neugierde geweckt. Mein Interesse bezog sich stärker auf den ersten Teil des Namens, auf die Realfiktion, also auf die Methodik des Forschungsprojekts. Da ich eine Verbindung zum Theater habe, hat mich vor allem die performativ-partizipative Seite des Projekts angesprochen. Diese Verbindung aus Wissenschaft und Kunst, die weggeht von dem reinen „Ich betrachte was und schreibt dann darüber, was ich beobachtet habe“ – was natürlich in unserer Disziplin eh auch gebrochen wird – war für mich neu. Etwas zu schaffen, in den Raum zu stellen, womit dann verschiedene Personen etwas anstellen sollen. Diese neue Methodik war es auch, die viele der Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen von der Teilnahme am Projekt überzeugt hat. Damit einher geht die Motivation, während des Studiums zu sehen, was studiere ich überhaupt? Wie wird wirklich geforscht, wie sieht so ein Drittmittel-finanziertes Forschungsprojekt aus? Also eine Vorstellung zu erhalten, wie die alltägliche Forschungsarbeit über eine Seminararbeit hinaus aussieht.
Rebecca: Ich habe mich auf die Stelle beworben, weil ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung bereits mit dem Projekt in Berührung gekommen war und es total spannend fand. Realfiktion Klimarechnungshof #1 Making Climate Public war die erste Veranstaltung, bei der verschiedene Expert:innen online und im Blauen Salon des Wiener Volkskundemuseums zusammengekommen sind, um sich über die Idee des Klimarechnungshofs zu unterhalten. Einerseits hat mich das filmische Format, bei dem eine Art Live-Event über Zoom ausgestrahlt wurde, begeistert, andererseits weckte die noch nicht gegründete Institution mein Interesse. Obwohl ich den Klimarechnungshof zu dem Zeitpunkt noch nicht so richtig verstanden hatte, hat mich gerade das Arbeiten mit oder an einer Institution, die es noch gar nicht gibt, gereizt. Ein anderer Grund für meine Bewerbung war ganz bestimmt auch die Möglichkeit zur Mitarbeit an einem ‚echten‘ Forschungsprojekt. Ich wollte wissen, wie die Arbeit außerhalb von Lehrveranstaltungen aussieht, und den Berufsalltag von Forscher:innen kennenlernen.
Welche Aufgaben habt ihr in dem Forschungsprojekt gehabt?
Rebecca: Ursprünglich wurde ich als studentische Mitarbeiterin mit Zuständigkeit für die audiovisuelle Dokumentation des Projekts angestellt. Vor allem durch Lehrveranstaltungen am Institut hatte ich bereits praktische Erfahrungen mit dem Medium Film gesammelt. Da Umsetzung und Ablauf des Projekts zu Beginn noch gar nicht klar waren, konnte auch eine Konkretisierung der Aufgabenbereiche erst im Laufe der Zeit entwickelt werden. Jedenfalls wurde schnell klar, dass zur Umsetzung der Projektfilme ein höherer Grad an Professionalität erforderlich war, weshalb der Regisseur und Filmemacher Stephan Richter Teil des Projekts wurde. Für mich ergab sich dann die Verantwortung, ein audiovisuelles Glossar mit Begriffen zum Klimarechnungshof zu erstellen. Dafür musste ich Begriffe recherchieren und auswählen, ein passendes Format finden, Expert:innen zum Einsprechen vor der Kamera gewinnen, die Videos schneiden und letztlich online stellen. Vor allem bei Auswahl- und Korrekturentscheidungen, beispielsweise zu Begriffen oder Filmmaterial, stand mir der Rest des Teams stets zur Seite. Neben meiner Hauptverantwortung, dem Glossar, gab es auch immer andere Dinge zu erledigen. Dazu gehörten Recherche, interne Dokumentation mit Protokollen oder audio-visuelle Aufnahmen, organisatorische Aufgaben, vor allem für die verschiedenen Veranstaltungen, oder der Auf- und Abbau einer Filmkulisse im Museum für Volkskunde. Es gehörten auch das Erstellen von Postern, die Teilnahme an Demonstrationen, das Schreiben von Texten und das Korrekturlesen oder die Betreuung der Social-Media-Kanäle dazu. In vielen Bereichen überschnitten sich meine Aufgaben mit denen von Niklas und teilweise arbeiteten wir einander zu. Unser Arbeitsalltag war sehr variabel und oftmals davon abhängig, was gerade anstand.
Niklas: Im Gegensatz zu dir hatte ich zu Beginn das Gefühl, kein klar umrissenes Aufgabengebiet zugewiesen bekommen zu haben, womit ich mich auch etwas schwergetan habe. Zuerst habe ich viele Rechercheaufgaben übernommen, da ich mich erstmal – wie wir alle, glaube ich – in das Thema einer Prüfinstitution einarbeiten musste, zumal wir sie ja aus dem Nichts gründen wollten. So musste ich bestimmte rechtliche Begriffe verstehen und thematisch für das Projekt zugänglich machen: Was bedeutet denn Monitoring oder Wirkungsorientierung im spezifischen Feld des Klimarechnungshofs? Grundsätzlich war ich ein bisschen für alles zuständig. Für unsere Veranstaltungen habe ich dann viel Organisatorisches übernommen, zum Beispiel Kommunikation mit dem interessiertem Publikum, Catering bestellen oder Büffet aufbauen. Mit der Zeit, als wir die Kampagne „Klimarechnungshof jetzt!“ gestartet haben, ist der Social-Media-Auftritt in mein Aufgabengebiet gefallen. Ergänzend habe ich von Anfang an unserer „Feldforschungstagebuch“ betreut. Ich muss sagen, dass meine anfängliche Sorge, wir würden vollkommen getrennt voneinander arbeiten, sich kein bisschen bestätigt hat. Wir haben uns im Laufe des Projekts sehr gut ergänzt und so konnte ich zum Beispiel für Social Media auf deine Expertise zurückgreifen. Die meisten Aufgaben haben wir gemeinsam oder nacheinander bearbeitet, insgesamt war das Projekt stark von Teamwork geprägt.
Was nehmt Ihr aus der Mitarbeit für euer Studium und Zukunft mit?
Niklas: Was ich auf jeden Fall mitnehme, ist – wie ich auch erwartet hatte – ein Einblick in die Entstehung und die praktische Arbeit in einem Forschungsprojekts der Europäischen Ethnologie. Dabei haben wir die Realfiktion fast vom Beginn entstehen sehen. Aufgrund meines spezifischen Aufgabengebiets innerhalb der performativ-theatralen Methodologie habe ich vor allem die Organisation und Durchführung des Projekts mitgestalten können Für mich hat sich diese stark von meinem Studium unterschieden. Zum Beispiel habe ich im Projekt wenig wissenschaftliche Arbeit im klassischen Sinn geleistet, was für mich bedeutet, wissenschaftliche Literatur zu lesen, zu exzerpieren und daraus Texte zu verfassen und ähnliches. Die Arbeit für das Projekt fand für mich nicht nur am Schreibtisch statt. Was hängen bleibt ist, wie viele Ressourcen die Organisation und Durchführung der Filmdrehs bindet und die damit einhergehende Gefahr, dass die analytisch-wissenschaftliche Beobachtung dahinter zurücksteht. Unsere Acts zu organisieren und durchzuführen hat sehr viele Ressourcen benötigt. Damit ist auch eine Offenheit in den Forschungsprozess eingetreten, weil wir bei den Veranstaltungen teilweise stark improvisieren mussten und konnten, aber auch in der wissenschaftlichen Betrachtung eine breite Perspektive möglich war. So konnten wir uns sowohl in der Gestaltung der Veranstaltungen als auch in der Nachbetrachtung mit eigenen Beobachtungen einbringen.Zusätzlich war der Einblick in die Zusammenarbeit mit Wissenschafter:innen anderer Disziplinen sehr interessant, ebenso mit Institutionen des Bundes wie dem Rechnungshof und dem Umweltbundesamt. Wie sind die dortigen Arbeitsweisen? Wie reagieren sie auf uns und die spezielle Methodik des Forschungsprojekts? Persönlich habe ich erkannt, dass meine Stärken eher im Praktischen und im Spontanen liegen. Gleichsam hatte ich eine Menge Spaß an der Recherchearbeit, daran, mich in Mikrothemenfelder einzugraben und diese wirklich zu verstehen, sodass ich sie erklärend wiedergeben kann.
Rebecca: So wie Du, nehme ich auch eine Menge mit! Ich habe viel darüber gelernt, wie ein durch Drittmittel gefördertes Forschungsprojekt in der Europäischen Ethnologie abläuft. Sowohl der Prozess als auch die verschiedenen Einblicke in die Arbeit von Wissenschafter:innen, Aktivist:innen und anderen Beteiligten waren sehr spannend. Ich fand es total faszinierend, mit welcher Motivation sich die Teilnehmenden im Projekt engagiert haben und wie dadurch überhaupt erst die Umsetzung zustande kommen konnte. Natürlich war dies wiederum erst durch die aufwändige Vorarbeit des Projektteams möglich, deren Vielschichtigkeit ich beobachten und in Teilen auch mitgestalten konnte. Dabei habe ich in den letzten zwei Jahren einiges über Klimaforschung, Aktivismus, Rechnungshöfen und die Entstehung von Institutionen gelernt. Für mich war die Mitarbeit aber nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf praktischer Ebene bereichernd. Durch das Erstellen des Glossars konnte ich meine filmischen Skills erweitern und im Umgang mit verschiedenen Programmen fühle ich mich jetzt noch sicherer. Insgesamt hat das Projekt meine Lust am wissenschaftlichen Arbeiten gestärkt, weil ich sehen konnte, wie vielseitig der Arbeitsalltag aussehen kann und wie mit Forschung Dinge ins Rollen gebracht werden können. Natürlich kommt es auf das Projekt an. PECCK war auf jeden Fall ein sehr motivierendes Beispiel. Das gemeinsame Arbeiten ist jedoch anders gewesen als im Studium. Obwohl ich durchs Studieren kein Fan von Gruppenarbeiten geworden bin, fand ich die Zusammenarbeit im Projekt sehr hilfreich und bereichernd. Beim Teilen von Wissen und Fähigkeiten kann man viel voneinander lernen. Das möchte ich unbedingt auch in der Zukunft weiterführen.
Niklas: Da kann ich mich eigentlich nur anschließen!